Einleitung
Akute Verstopfung zu definieren ist die Grundvoraussetzung für ein effektives Management, insbesondere für Patienten und Apotheker, die auf rezeptfreie Medikamente setzen. Während es zu chronischer Verstopfung umfassende Untersuchungen gibt, kann bei akuter Verstopfung weder auf eine zweckmäßige Definition zurückgegriffen werden noch besteht ein ausreichendes Bewusstsein dafür. Diese Tatsache macht es Ärzten und Apothekern schwer, geeignete rezeptfreie Medikament vertrauensvoll zu empfehlen. In diesem Review werden die Sichtweisen von zwei Experten verglichen, die in kürzlich erschienenen Konsenspapieren veröffentlicht wurden (Rao et al. (2022) [1], Brenner et al. (2024) [2]). Im Mittelpunkt stehen Diagnosekriterien, Behandlungsempfehlungen und Unzulänglichkeiten in den vorhandenen Definitionen von akuter Verstopfung. Ziel ist es, einen einheitlichen Ansatz für ein besseres Management vorzuschlagen.
Beurteilung von Methoden, Klärung von Definitionen und Behandlungsempfehlungen
In den Konsenspapieren wurden zwei verschiedene Methoden zur Definition von akuter Verstopfung herangezogen. Brenner et al. (2024) verfolgten einen strukturierten, Delphi-basierten Ansatz mit 100%igem Expertenkonsens, bei dem evidenzbasierte Daten im Vordergrund standen, während bei Rao et al. (2022) von Patienten selbst berichtete Ergebnisse und Wahrnehmungen aus dem Praxisalltag Priorität hatten, um Muster für die Selbstbehandlung von akuter Verstopfung zu erfassen.
In beiden Konsenspapieren wird die eindeutige, episodische Natur von akuter Verstopfung betont, die sich von chronischer Verstopfung unterscheidet. Brenner und Kollegen (2024) definierten akute Verstopfung wie folgt: „Personen mit einem oder mehreren funktionellen Symptomen für Verstopfung (verminderte Häufigkeit der Stuhlgänge, Pressen beim Stuhlgang, harte/trockene Stühle, Gefühl einer unvollständigen Darmentleerung, Gefühl einer anorektalen Obstruktion/Blockade), bei Fehlen von Warnsignalen oder Symptomen, die unregelmäßig und sporadisch und so belastend sind, dass der Patient eine Behandlung wünscht.“ Im Gegensatz dazu definierten Rao und Kollegen (2022) akute Verstopfung als „zeitweilige oder gelegentliche symptomatische Veränderung der Stuhlgewohnheiten, einschließlich einer belastenden Verminderung in der Häufigkeit der Stuhlgänge und/oder Schwierigkeiten bei der Darmentleerung ohne weitere Warnsignale, die einige Tage oder Wochen anhält“. Die Unterscheidung zwischen akuter und chronischer Verstopfung ist für den Apotheker ausschlaggebend. Sie liefert den Rahmen für die Entscheidung, ob ein rezeptfreies Medikament für die Selbstbehandlung der Symptome zweckmäßig oder eine verschreibungspflichtige Therapie erforderlich ist.
Die Therapieempfehlungen in den beiden Abhandlungen unterscheiden sich geringfügig. Brenner et al. (2024) empfehlen Polyethylenglycol (PEG) und stimulierende Laxanzien wie Bisacodyl als primäre rezeptfreie Optionen bei akuter Verstopfung, und sie betonen den raschen Wirkeintritt. Sie schlagen darüber hinaus magnesiumbasierte Wirkstoffe für Patienten vor, die auf PEG oder Stimulanzien nicht ansprechen, und weisen auf die Notwendigkeit einer raschen Linderung hin, die für Patienten mit sporadischen Symptomen wichtig ist. Rao et al. (2022) betonten ebenfalls die Notwendigkeit einer schnellen Lösung wie PEG und stimulierende Laxanzien für den Patienten. Sie schlugen außerdem einen mehr schrittweisen Ansatz mit einer ballaststoffhaltigen Nahrungsergänzung vor, obgleich sie sich der begrenzten Evidenz bewusst waren, mit der eine solche kurzfristige Linderung untermauert wird.
In beiden Konsenserklärungen wurde übereinstimmend ausgesagt, dass verschreibungspflichtige Medikamente bei akuter Verstopfung vermieden und chronischen Fällen vorbehalten bleiben sollten. Beide unterstrichen darüber hinaus die Bedeutung einer Anpassung der Lebensweise, wie beispielsweise veränderte Ernährungsgewohnheiten und körperliche Aktivität. Sie räumten aber auch ein, dass diese häufig sekundär zu rezeptfreien Interventionen für die unmittelbare Symptomlinderung eingesetzt werden. Mit dieser übereinstimmenden Haltung wird bekräftigt, dass die meisten Fälle von akuter Verstopfung wirksam mit den erhältlichen rezeptfreien Medikamenten behandelt werden können, sodass auf stärkere Interventionen verzichtet werden kann. Abbildung 1 illustriert Behandlungsoptionen für eine wirksame, evidenzbasierte Behandlung mit einem rezeptfreien therapeutischen Ansatz.
Abb. 1 Vergleich von Behandlungsempfehlungen bei akuter Verstopfung
Fazit
Ein einheitliches Verständnis von akuter Verstopfung fördert den Austausch zwischen Apotheker und Patient und kann zu einer besseren Selbstbehandlung durch den Patienten beitragen. Mit diesem Review wird ein kombinierter Ansatz empfohlen, bei dem sich durch die Synthese evidenzbasierter Kriterien und patientenzentrierter Erkenntnisse eine praktische und flexible Definition ableitet. Eindeutigere Handlungsempfehlungen könnten Patienten bei einer effektiveren Behandlung von akuter Verstopfung unterstützen und somit den klinischen Verlauf insgesamt positiv beeinflussen.
Literatur
- Rao SSC, Lacy BE, et al. Recognizing and defining occasional constipation: expert consensus recommendation. Am J Gastroenterol. 2022;117(11):1753-1758. doi: 10.14309/ajg.0000000000001945. Epub 2022 Aug 12.
- Brenner DM, Corsetti M, et al. Perceptions, definitions, and therapeutic interventions for occasional constipation: A Rome working group consensus document. Clin Gastroenterol Hepatol. 2024;22(2):397-412. doi: 10.1016/j.cgh.2023.08.044. Epub 2023 Oct 4.
Danksagung: Die Autoren danken Ania Chougar, einer ehemaligen Mitarbeiterin von Opella, für die Koordination der Erstellung dieses Manuskripts sowie Debayan Goswami, einem Mitarbeiter von Opella, für das Verfassen und die redaktionelle Unterstützung.
Interessenkonflikte: M. Corsetti ist Beraterin bei Sanofi und Co-Hauptprüfärztin bei einem von Sanofi finanzierten Forschungsstipendium. E. Gawa ist Mitarbeiter von Opella Healthcare, einem Unternehmen von Sanofi; er kann Aktien oder Aktienoptionen des Unternehmens besitzen. B. E. Lacy erhielt wissenschaftliche Unterstützung von Ironwood/AbbVie und ist Berater für Gemelli, GSK.
Offenlegung: Opella finanzierte das Medical Writing und die Veröffentlichung dieses Manuskripts.