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In-vitro-Tests ermöglichen ein besseres Verständnis der therapeutischen Wirkungen von kommerzialisierten probiotischen Stämmen


EFSM: 2024;4:240013DOI: 10.52778/efsm.24.0013Veröffentlicht am: 05.03.2024
Paolo Pellegrino, Maria Chiara Uboldi, Daniel Marquez und Marcos III Perez

Das Darmmikrobiom ist bei jedem Menschen einzigartig. Es hat einen großen Einfluss auf die Gesundheit. Oral verabreichte Probiotika werden zur Vorbeugung und/oder Behandlung von Magen-Darm-Erkrankungen eingesetzt. Darüber hinaus zeigen sie Potenzial bei der Behandlung anderer Erkrankungen, die nicht auf Magen-Darm-Störungen zurückzuführen sind. In-vitro-Studien ermöglichen ein besseres Verständnis der biologischen Eigenschaften therapeutisch verwendeter Mikroorganismen und der positiven Wirkungen, die sie in vivo haben können.

In zwei In-vitro-Studien wurden die Eigenschaften von neun etablierten Mikrobenstämmen getestet, die aus kommerziellen Zubereitungen isoliert worden waren (siehe Tab. 1) [1, 2]. Aufgrund der Komplexität des Magen-Darm-Trakts können die physiologischen Wirkungen durch In-vitro-Ergebnisse nicht abschließend begründet werden. Sie liefern jedoch wichtige Informationen für die klinische Forschung und für das Verständnis von In-vivo-Wirkungen.

Probiotika und ihre Stabilität in simulierter Darmflüssigkeit

Die untersuchten probiotischen Stämme entfalten ihre positive Wirkung im Darm, weshalb die Stabilität der Zellen unter simulierten Darmbedingungen relevant ist (siehe Tab. 1). Bemerkenswert ist die Fähigkeit der verschiedenen B. clausii-Stämme (Bacillus clausii OC, NR, SIN, T), sich nach einer anfänglichen Abnahme der Zellzahl ohne Nährstoffquellen in der simulierten Darmflüssigkeit zu vermehren (B. clausii SIN: Abnahme nach 2 h im Vergleich zu t0 [p < 0,05], Vermehrung nach 8 h Inkubation im Vergleich zu 4 h [p < 0,05]). Nach 8 Stunden war nur noch eine leichte Reduktion von 0,240 log im Vergleich zu t0 zu verzeichnen. Die Toleranz von B. clausii und B. coagulans gegenüber simulierten Darmbedingungen ist gut nachgewiesen, wobei zu berücksichtigen ist, dass sie im Gegensatz zu nicht sporenbildenden Stämmen, wie sie normalerweise in kommerziellen Produkten zu finden sind, Sporen bilden können [1].

Probiotika und ihre Bindung an Wirtszellen

Probiotische Mikroorganismen können mit Krankheitserregern um Bindungsstellen an der Schleimhaut konkurrieren und so Infektionen, die durch pathogene Organismen verursacht werden, entgegenwirken. Für diese Wirkung ist eine Haftung an die Magen-Darm-Schleimhaut erforderlich. Die Bebrütung von Mikroorganismen auf Agar, der Muzine vom Schwein enthält, ist eine bewährte Methode zur Untersuchung dieses Bindungsverhaltens. Die muzinhaltigen Agarplatten sowie muzinfreie Agarplatten zur Negativkontrolle wurden mit der Bakteriensuspension beimpft. Die Platten wurden dann bei 37 °C sowohl unter aeroben als auch unter anaeroben Bedingungen bebrütet, und die Anzahl der Zellen (KBE [koloniebildende Einheiten]) pro beimpfte Vertiefung wurde bestimmt. Bei den Stämmen B. clausii, B. coagulans und B. breve war die KBE/Vertiefung, die nach der Bebrütung auf Muzinen unter aeroben und anaeroben Bedingungen erreicht wurde, im Vergleich zu den negativen Kontrollen signifikant höher (p < 0,05 bis p < 0,001). L. reuteri haftete nur unter anaeroben Bedingungen an Muzine (p < 0,001), S. boulardii nur unter aeroben Bedingungen (p < 0,01) [1]. 

Probiotika bei Lactoseintoleranz

Probiotika können nahrungsabbauende Enzyme wie β-Galactosidase produzieren, die durch potenzielle Linderung von Verdauungsproblemen die Verdauung unterstützen können, etwa bei Lactoseintoleranz. Alle B. clausii-, B. coagulans-, B. breve- und L. reuteri-Stämme konnten im Vergleich zur Negativkontrolle signifikant mehr β-Galactosidase produzieren (p < 0,01 bis p < 0,001) [1]. 

Probiotika bei oxidativem Stress

Aufgrund der zahlreichen Stoffwechselprozesse in Zellen kann eine Anhäufung reaktiver Sauerstoffspezies (ROS) toxische Wirkungen haben. Probiotika, die Antioxidanzien wie Katalase (CAT) und Superoxiddismutase (SOD) produzieren, können bei der Reduktion von oxidativem Stress nützlich sein. Alle getesteten Stämme zeigten die Fähigkeit, CAT und SOD zu produzieren [1]. 

Probiotika bei Vitaminmangel

Es hat sich gezeigt, dass Probiotika in erster Linie B-Vitamine produzieren, die bei der Aufrechterhaltung der Darmeubiose und bei bestimmten Formen von Defizienz hilfreich sein könnten. Probiotische Mikroorganismen, die in der Lage sind, Riboflavin (Vitamin B2) zu sezernieren, könnten einen Vitamin-B2-Mangel des Wirts ausgleichen. Riboflavinmangel ist häufig auf eine Riboflavin-arme Ernährung zurückzuführen. Es handelt sich um den häufigsten Vitaminmangel in Entwicklungsländern. B. clausii, B. coagulans und L. rhamnosus waren in der Lage, Riboflavin zu produzieren (p < 0,001 im Vergleich zur Negativkontrolle) [1].

Probiotika zur Unterstützung des physiologischen Gleichgewichts durch kurzkettige Fettsäuren (SCFA)

Bei der mikrobiellen Fermentation komplexer Kohlenhydrate im menschlichen Darm werden SCFA gebildet. Der Zusammenhang zwischen SCFA-Mangel und dem Auftreten verschiedener Krankheiten ist bestätigt, ebenso die heilende Wirkung von probiotischen Mikrobakterien, die einem SCFA-Mangel entgegenwirken können.

Essigsäure: Regulierung von Lipidstoffwechsel und Körpergewicht. 
Alle neun getesteten probiotischen Stämme waren in der Lage, Essigsäure zu sezernieren [2]. 

Propionsäure: Verbesserung von Barrierefunktion sowie Darmintegrität, Glucose- und Lipidhomöostase. 
Die vier B. clausii-Stämme sowie S. boulardii sezernierten Propionsäure. B. coagulans, B. breve, L. reuteri und L. rhamnosus sezernierten keine Propionsäure [2].

Buttersäure: Verbesserung von Barrierefunktion sowie Darmintegrität, Energiequelle für Darmepithelzellen. 
Die vier B. clausii-Stämme zeigten eine vergleichbare Sekretion, die höher war als die von L. reuteri und S. boulardii [2].

Tab. 1. Überblick über die In-vitro-Eigenschaften der einzelnen Mikroorganismenstämme

Teil 1

Bitte nach rechts scrollen, um alle Inhalte zu sehen
BakterienstammÜberleben in DarmflüssigkeitBindung an Muzine (aerob)Bindung an Muzine (anaerob)Produktion von β-Galactosidase
Bacillus clausii  NR+1+++
Bacillus clausii  OC+1+++
Bacillus clausii  SIN+1+++
Bacillus clausii  T+1+++
Bacillus coagulans  ATCC 7050+1+++
Bifidobacterium breve 
DSM 16604
1+++
Limosilactobacillus reuteri DSM 17938+1++
Lacticaseibacillus rhamnosus 
ATCC 53103
+1223
Saccharomyces boulardii 
CNCM I-745
+1+3

Teil 2

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BakterienstammProduktion von Katalase und SuperoxiddismutaseProduktion von RiboflavinProduktion von SCFA:
Essigsäure
Produktion von SCFA:
Propionsäure
Produktion von SCFA:
Buttersäure
Bacillus clausii  NR+4+++6+
Bacillus clausii  OC+4+++6+
Bacillus clausii  SIN++++6+
Bacillus clausii  T+4+++5++6+
Bacillus coagulans  ATCC 7050+++
Bifidobacterium breve 
DSM 16604
++
Limosilactobacillus reuteri DSM 17938+++5+
Lacticaseibacillus rhamnosus 
ATCC 53103
+++
Saccharomyces boulardii 
CNCM I-745
+++6+

1 Die Bakterienstämme B. clausii NR, OC, SIN und T sowie B. coagulans, L. reuteri, L. rhamnosus und S. cerevisiae überlebten unter simulierten Darmbedingungen bis zu 480 Minuten, während bei B. breve nach 6 Stunden keine lebenden Zellen mehr nachweisbar waren.

22 L. rhamnosus konnte weder unter aeroben noch unter anaeroben Bedingungen an Muzine binden (p < 0,01 bzw. p < 0,001).

3 L. rhamnosus und S. boulardii produzierten keine β-Galactosidase.

4 B. clausii OC zeigte eine höhere SOD-Aktivität im Vergleich zu NR und T (p < 0,01 bzw. p < 0,05).

5 B. clausii T und L. reuteri produzierten die meiste Essigsäure.

6 B. clausii T produzierte die höchsten Konzentrationen an Propionsäure, mit signifikantem Unterschied zu B. clausii NR (p = 0,0374), B. clausii SIN (p = 0,0112) und S. boulardii (p = 0,0007). 

Zusammenfassung

Ein tieferes Verständnis probiotischer Eigenschaften könnte eine gezieltere Anwendung von Mikrobiota-Therapien bei Patienten ermöglichen. Künftige Studien auf dieser Grundlage können klären, welche weiteren potenziellen Therapiebereiche zum Nutzen von Patienten erschlossen werden können.

Literatur

  1. Mazzantini D, Calvigioni M, Celandroni F, Lupetti A, Ghelardi E. In vitro assessment of probiotic attributes for strains contained in commercial formulations. Sci Rep. 2022 Dec 14;12(1):21640. doi: 10.1038/s41598-022-25688-z. PMID: 36517529; PMCID: PMC9751119.
  2. Calvigioni M, Bertolini A, Codini S, Mazzantini D, Panattoni A, Massimino M, Celandroni F, Zucchi R, Saba A, Ghelardi E. HPLC-MS-MS quantification of short-chain fatty acids actively secreted by probiotic strains. Front Microbiol. 2023 Mar 3;14:1124144. doi: 10.3389/fmicb.2023.1124144. PMID: 36937254; PMCID: PMC10020375.

Interessenkonflikte: P. Pellegrino, M. C. Uboldi und M. III Perez sind Angestellte von Sanofi. D. Marquez war zum Zeitpunkt der Einreichung bei Sanofi angestellt und zum Zeitpunkt der Annahme und Veröffentlichung bei Boehringer Ingelheim angestellt.

Offenlegung: Medical Writing und Publikation finanziert von Sanofi.

Affiliation/Korrespondenz: Paolo Pellegrino, MD, Maria Chiara Uboldi, PhD, Sanofi, Milan, Italy, Daniel Marquez, Boehringer Ingelheim, Mexico und Marcos III Perez, Sanofi, Frankfurt, Germany
Eingereicht am: 21.09.2023Akzeptiert am: 09.02.2024Veröffentlicht am: 05.03.2024
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