Muskuloskelettale Erkrankungen sind die häufigste Ursache für Behinderungen und stellen eine enorme Belastung für die Gesellschaft dar, da sie mit Produktivitätsverlusten einhergehen und das Gesundheitssystem stark belasten [1, 2]. Muskuloskelettale Erkrankungen haben verschiedene Ursachen, die von Überlastung oder Verletzungen beim Sport bis hin zu Neuropathien oder Myalgien reichen. Muskuloskelettale Erkrankungen werden häufig mit symptomorientierten Therapien wie nicht-pharmakologischen medizinischen Therapien (z. B. physikalisch-technische Heilmittel) oder pharmakologischen Therapien (z. B. Analgetika, NSAR [nicht-steroidale Antirheumatika], Glukokortikoiden oder Opioiden) behandelt. Diese Behandlungsoptionen können zwar die belastenden Symptome lindern, beseitigen jedoch nicht die zugrundeliegende Ursache der Schmerzen. Zur Vermeidung der Nebenwirkungen pharmakologischer Therapien wurden neue nicht-medikamentöse, zumeist nicht-invasive Lösungen für das Schmerzmanagement eingeführt.
In einer kürzlich erschienenen Übersichtsarbeit wird der aktuelle Forschungsstand zu Infrarot-C-Strahlung emittierenden biokeramischen Materialien zur Linderung von muskuloskelettalen Schmerzen beschrieben [2].
Biologische Wirkungen der Infrarot-Therapie
Während kurzwelliges IR-A oder IR-B (Nahinfrarot) tief in die Haut eindringt und Gewebeschäden verursachen kann, wird langwelliges IR-C (Mittel- und Ferninfrarot) in den Epidermisschichten vollständig absorbiert (siehe Abb. 1). In mehreren Studien zeigte IR-C-Licht (Ferninfrarot) positive therapeutische Wirkungen auf tiefe Gewebeschichten, die von der direkten Strahlung nicht erreicht wurden (siehe Abb. 1): Die Autoren beschreiben einen Energietransfer, der über andere Wege als die direkte Strahlung erfolgt, und postulieren eine Funktion von Wasser als dynamisches Biomolekül und möglichen Energietransmitter [2].
Auf Grundlage der jüngsten Erkenntnisse lassen sich die biologischen Wirkungen von IR-C auf muskuloskelettale Erkrankungen in drei Kategorien einteilen (siehe Abb. 2). Infrarotstrahlung kann Schmerzen lindern durch die Erhöhung des NO-Spiegels und die Reduzierung von oxidativem Stress und Entzündungsmediatoren.
1. Oxidative Schädigung: Oxidativer Stress ist definiert als eine übermäßige Produktion reaktiver Sauerstoffspezies (ROS), die zu oxidativen Schäden an Zellen führen kann. Oxidativer Stress kann Gewebeschäden und Entzündungen verursachen, was wiederum die Nozizeption durch Stimulation sensorischer Neuronen verändern und zu Hyperalgesie führen kann. In Studien konnte gezeigt werden, dass IR-Strahlung oxidativen Stress verringert und Schmerzen und Entzündungen auf muskulärer Ebene lindert [2].
2. Vasodilatation: IR-Strahlung kann die endotheliale Stickstoffmonoxid-Synthase (eNOS) hochregulieren, wodurch die Bioverfügbarkeit von Stickstoffmonoxid (NO) erhöht wird. NO hat eine entspannende, vasodilatatorische Wirkung auf die Gefäße sowie weitere positive Auswirkungen auf den Körper, wie die Hemmung der Thrombozytenaggregation und der Leukozytenadhäsion. Es fördert außerdem die Muskelreparatur. Indem es die Migration von Entzündungszellen hemmt, kann es die Muskulatur vor Schädigung und Entzündungsreaktionen schützen. Weiterhin wird eine antinozizeptive Wirkung über die Hyperpolarisierung von Nozizeptoren diskutiert [2].
3. Antiinflammatorische Wirkung: Entzündungen können die Schmerzreaktion durch Sensibilisierung der sensorischen Nerven verstärken. Bei Entzündungen oder Gewebeverletzungen setzen beschädigte Zellen und Immunzellen Entzündungsmediatoren frei. Erhöhte IL-6- und IL-8-Serumspiegel gehen mit Hyperalgesie, Erschöpfung und Schmerzen einher. TNF-α kann die Sensibilisierung von Nozizeptoren fördern und zu chronischen Schmerzen und Muskelermüdung führen. IR-C-Strahlung hemmt die Expression von proinflammatorischen Zytokinen [2].
Abb. 1. Elektromagnetisches Spektrum und Infrarotstrahlung
FIR: Ferninfrarot; NIR: Nahinfrarot
Abb. 2. Durch IR-C (Ferninfrarot) beeinflusste zelluläre Signalwege [2]. Demnach kann Infrarot durch Erhöhung des NO-Spiegels und die Reduzierung von oxidativem Stress und Entzündungsmediatoren indirekt Schmerzen lindern.
eNOS (endotheliale Stickstoffmonoxid-Synthase); IL-6 (Interleukin 6); NO (Stickstoffmonoxid); ROS (reaktive Sauerstoffspezies); TNF-α (Tumornekrosefaktor-α)
Biokeramiken als Infrarot-Emitter
Bei Biokeramik handelt es sich um mineralische Materialien, die nach der Absorption von Körperwärme IR-C-Strahlung (Ferninfrarot) abgeben und günstige biologische Wirkungen auf das Gewebe entfalten können. Im Vergleich zu elektrischen IR-Quellen ist die emittierte Leistungsdichte gering, was jedoch dadurch kompensiert wird, dass biokeramische Materialien in Form von Wearables längere Zeit in engem Kontakt mit der Hautoberfläche getragen werden. Mehrere Studien haben gezeigt, dass Infrarot-emittierende Biokeramiken die Durchblutung steigern können, ohne die Hauttemperatur zu erhöhen [2]. Eine verringerte Mikrozirkulation wird mit der Chronifizierung von Schmerzen in Verbindung gebracht und kann das Risiko von Nacken-/Schulter- und Kreuzschmerzen erhöhen [3]. Durch die Verbesserung der Mikrozirkulation wird das Gewebe mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt und der Abtransport von Stoffwechselnebenprodukten gefördert. Eine Verbesserung der Mikrozirkulation kann die Heilung fördern und Schmerzen lindern [4].
In anderen Studien wurde der Einsatz von Biokeramik zur Linderung verschiedener Schmerzerkrankungen untersucht. In einer randomisierten, placebokontrollierten Studie verbesserte ein IR-C-emittierendes Pflaster beispielsweise die Schmerzscores bei Kniearthrose erheblich. Bei Sportlern führte das Tragen von IR-C-emittierenden Hosen zu geringerem Muskelkater. Patienten mit Fußschmerzen berichteten über eine Schmerzlinderung durch das Tragen von IR-C-emittierenden Socken. Die IR-C-Behandlung scheint darüber hinaus einen längerfristigen Nutzen zu haben. Dies zeigte eine Studie bei Frauen mit Dysmenorrhoe, wo in der Verumgruppe auch während des Nachbeobachtungszeitraums von zwei Zyklen ein besserer Schmerzscore nachgewiesen wurde als in der Kontrollgruppe [2].
Die Verträglichkeit von IR-C emittierenden Materialien ist erwartungsgemäß gut, da die von IR-C emittierenden Keramiken und Geweben erreichte Strahlungsintensität zu gering ist, um Sicherheitsbedenken aufzuwerfen.
Zusammenfassung
Der Einsatz von IR-C (Ferninfrarot) stellt eine mögliche Option zur Behandlung von muskuloskelettalen Schmerzen dar, mit der Schmerzen und Entzündungen gelindert, der Einsatz von mit potenziellen Nebenwirkungen verbundener Pharmakotherapie verringert und gleichzeitig die natürlichen Heilungsmechanismen des Körpers unterstützt werden können [5, 6]. Infrarot-emittierende Materialien sind aufgrund ihrer geringen Strahlungsintensität sicher und gelten als gut verträglich. Die Autoren empfehlen die Durchführung weiterer Studien zur Beurteilung und Validierung der aktuellen Theorien [2].
Literatur
- Robert Koch Institut (RKI): Muskuloskelettale Erkrankungen. https://www.rki.de/DE/Content/Gesundheitsmonitoring/Themen/Chronische_Erkrankungen/Muskel_Skelett_System/Muskel_Skelett_System_node.html (accessed 17.07.2022).
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Danksagung: Die Autoren danken Paula Fontanilla, PhD, für die kritische Prüfung des Manuskripts bezüglich seines wissenschaftlichen Inhalts.
Interessenskonflikt: B. Giannakopoulos und M. Amessou sind Angestellte von Sanofi.
Offenlegung: Medical Writing und Publikation finanziert von Sanofi.