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Metamizol ist ein Arzneimittel mit langjähriger Anwendung in einigen Ländern und seine pharmakologischen Wirkungen betreffen eine große Anzahl von Patienten. Da die Sicherheitsbeurteilungen vor Jahrzehnten vorgenommen wurden, lohnt es sich, den aktuellen Kenntnisstand zum Nutzen-Risiko-Profil des Medikaments zusammenzufassen.
Metamizol (Dipyron) wurde 1922 auf den Markt gebracht und fand aufgrund seiner hervorragenden analgetischen, antipyretischen und spasmolytischen Eigenschaften schnell weltweit eine breite Anwendung. Metamizol wird in Europa und Lateinamerika häufig als Nichtopioid-Analgetikum (NOA) [1] eingesetzt. Es wurde allerdings jahrelang als nichtsteroidales Antirheumatikum (NSAR) eingestuft. Durch seine zusätzlichen spasmolytischen Eigenschaften unterscheidet es sich von anderen Arzneimitteln in dieser heterogenen Klasse der Nichtopioid-Analgetika [2].
Wirkprofil unterscheidet sich von dem der klassischen nichtsteroidalen Antirheumatika
Der Wirkmechanismus von Metamizol ist noch nicht vollständig geklärt. Da seine chemische Struktur zur Klasse der Pyrazolone gehört [3], handelt es sich nicht um einen typischen Inhibitor der Cyclooxygenase (COX), obgleich es über die Wirkung auf COX die periphere und zentrale Synthese von Prostaglandin (PG) hemmt. Die Hemmung von COX-1 und COX-2 durch Metamizol ist im Vergleich zu klassischen NSAR schwach. Dies erklärt auch die ausbleibende Wirkung auf die Thrombozytenaggregation und die geringeren Nebenwirkungen durch die COX-2-Hemmung [4]. Eine weitere mögliche analgetische Wirkung von Metamizol ist die Aktivierung des endogenen Opioid- und Endocannabinoidsystems. Es aktiviert den Rezeptor des Cannabinoid-Typs 1 (CB1) und verstärkt so die absteigenden schmerzhemmenden Bahnen [4, 5]. Metamizol blockiert nicht nur Pg-abhängige, sondern auch Pg-unabhängige (Indometacin-unempfindliche) Bahnen. Dies spricht für eine antipyretische Wirkungsweise, die sich von anderen COX-Hemmern unterscheidet und bei der Behandlung von Fieber von Vorteil sein könnte [6].
Metamizol und seine schmerzhemmende Wirkung
Eine Metaanalyse der Cochrane Collaboration hat ergeben, dass Metamizol eine hohe Erfolgsquote bei der Linderung von Zahnschmerzen hat. Hierbei trat im Verlauf von 4 bis 6 Stunden unter Metamizol im Vergleich zu Placebo bei 62% der Patienten eine Schmerzlinderung von mindestens 50% des maximal möglichen Werts ein (Abb.1) [7]. Die Anzahl der notwendigen Behandlungen (NNT) für eine mindestens 50%ige Linderung von akuten Schmerzen nach oraler Gabe von 500 mg Metamizol betrug 2,3 (95%-Konfidenzintervall [KI]: 1,8–3,1), was im oberen mittleren Bereich von üblichen COX-Hemmern liegt (Abb.2). Von den untersuchten einzelnen Arzneimitteln hatte Metamizol die besten NNT-Werte [7].
Abb. 1. Erfolgsquote: Prozentualer Anteil der Patienten, bei denen durch die analgetische Behandlung eine Schmerzlinderung von mindestens 50% des maximal möglichen Werts erzielt wurde, minus des prozentualen Anteils der Patienten, bei denen die gleiche Wirkung mit Placebo erzielt wurde. (Adaptiert nach Moore et al. [7])
Abb. 2. NNT zur Schmerzlinderung um mindestens 50% im Verlauf von 4 bis 6 Stunden im Vergleich zu Placebo bei akuten nozizeptiven Schmerzen (Zahnextraktion). Die Balken zeigen das 95%-Konfidenzintervall (KI), der Farbumschlag ist der Punktschätzwert. (Adaptiert nach Moore et al. [7]) KI: Konfidenzintervall; NNT: Number needed to treat.
Pharmakokinetik unabhängig von der Art der Anwendung
Die wesentlichen pharmakokinetischen Eigenschaften von Metamizol nach oraler oder parenteraler Gabe sind recht ähnlich [4]. Die maximale Analgesie wird, unabhängig von der Dosis, etwa eine Stunde nach der Gabe einer Metamizol-Tablette erreicht. Bei durch elektrische Stimulation der Zahnpulpa hervorgerufenen Zahnschmerzen wurde eine dosisabhängige Zunahme der maximalen Wirkung festgestellt. Allerdings war die Zunahme bei Dosen über 1500 mg weniger ausgeprägt und die Dauer bis zum Wirkungseintritt war unabhängig von der verabreichten Dosis [4]. Im Gegensatz hierzu führte eine Dosissteigerung bei postoperativen Schmerzen sowohl zu einer stärkeren Wirkung als auch zu einem schnelleren Wirkungseintritt. Bisher konnte insbesondere eine alle Indikationen umfassende eindeutige Dosis-Wirkungsbeziehung daher nicht festgestellt werden.
Dosierung
Aufgrund der vorliegenden Daten beträgt die empfohlene Einzeldosis (oral oder parenteral) für Erwachsene und Jugendliche im Alter von ≥15 Jahren 500 bis 1000 mg. Eine Einzeldosis kann bis zu viermal täglich in Abständen von 6 bis 8 Stunden gegeben werden, was einer Tageshöchstdosis von 4000 mg entspricht. Die empfohlene Dosis Metamizol für Kinder und Jugendliche bis zum Alter von 14 Jahren beträgt 8 bis 16 mg/kg Körpergewicht. Diese kann ebenfalls bis zu viermal täglich verabreicht werden [4].
Indikation und Verträglichkeit
Metamizol hat eine analgetische, antipyretische, spasmolytische und schwach entzündungshemmende Wirkung. Metamizol wird bei mittelstarken bis starken Schmerzen als Einzelpräparat oder in Kombination mit Opioiden oder anderen Analgetika eingesetzt, was zu einer verstärkten analgetischen Wirkung und einer möglichen Reduktion von Opioiden führt. Die Behandlungserfahrung betrug für Metamizol in Europa zwischen 2006 und 2018 etwa 8 Millionen Patientenjahre [4].
Hinsichtlich der Verträglichkeit hat eine Metaanalyse randomisierter, kontrollierter Studien mit nahezu 4000 Patienten für Metamizol signifikant weniger unerwünschte Ereignisse ergeben als für Opioide [8]. Mehrere Studien haben gezeigt, dass Metamizol im Vergleich zu NSAR ein günstiges gastrointestinales [9, 10], kardiovaskuläres und zerebrovaskuläres Profil aufweist [11]. Einige der einbezogenen Studien waren zu klein, um das Auftreten von seltenen schwerwiegenden Ereignissen abschätzen zu können. Die häufigste schwerwiegende Komplikation einer Behandlung mit Metamizol ist Agranulozytose, die jedoch selten bis sehr selten auftritt. Inzidenzschätzungen reichen von 1:1500 bis > 1:1.000.000 [8]. Die mediane Latenz zwischen Behandlungsbeginn und dem Auftreten von unerwünschten hämatologischen Reaktionen beträgt 7 Tage (Abb. 3); Agranulozytose kann jedoch schon nach 2 Tagen auftreten. Etwa 96% aller Fälle treten in den ersten beiden Behandlungsmonaten auf. Danach sinkt das Risiko von behandlungsbedingten hämatologischen Reaktionen rasch [8]. Während einer vierjährigen Studie in Lateinamerika waren nach einer Nachbeobachtung von mindestens 30 Tagen 6 (11,5%) von 52 Patienten mit Agranulozytose verstorben. Daher scheinen Diagnosemaßnahmen zur Früherkennung dieser Nebenwirkung angemessen, um den Schutz der Population zu gewährleisten [12]. Eine bessere Aufklärung von Patienten und medizinischem Personal über die frühen Symptome der Agranulozytose könnte eine sinnvolle Möglichkeit zur Vermeidung von Komplikationen sein. Bei jedem Verdacht auf Agranulozytose sollten umgehend ein Differentialblutbild bestimmt und sämtliche Arzneimittel, die mit Agranulozytose im Zusammenhang stehen könnten, abgesetzt werden. Patienten sollten entsprechend dem Schweregrad ihrer Symptome überwacht und behandelt werden.
Fig. 3. Latency between start of metamizole treatment and occurrence of undesirable hematological reactions including agranulocytosis for 858 internationally reported cases. (Adapted from Malvar et al. [6])
Praktische Anwendung von Metamizol
Metamizol ist in vielen Ländern als rezeptpflichtiges oder frei verkäufliches Mittel weit verbreitet. In einigen Ländern wurde es jedoch vom Markt genommen (Abb. 4) [2]. Die antipyretischen und analgetischen Wirkungen von COX-Hemmern sind mit denen von Metamizol vergleichbar, wenn die zugrunde liegende Störung durch Prostaglandine unterhalten wird. Hinsichtlich der antipyretischen und analgetischen Wirkung sind nichtselektive COX-Hemmer und Coxibe mit Metamizol vergleichbar, wobei ihre analgetische, antipyretische und entzündungshemmende Wirkung auf ihren Einfluss auf die Synthese von Prostaglandinen und Leukotrienen in peripheren Geweben und im Zentralnervensystem durch Hemmung der Cyclooxygenase zurückgeht [13, 14]. Im Gegensatz zu Paracetamol und Metamizol rufen nichtselektive COX-Hemmer häufiger gastrointestinale Blutungen und Ulzera hervor (Tab. 1). Nichtselektive COX-Hemmer (abgesehen von Acetylsalicylsäure und Naproxen) und Coxibe gehen häufiger mit kardiovaskulären Ereignissen und Nierenfunktionsstörungen einher. Aufgrund des allgemein bekannten Sicherheitsprofils sollten NSAR ebenso wie Coxibe nur in der geringsten wirksamen Dosis und so kurz wie möglich verordnet werden. Bemerkenswert ist, dass die kardiovaskulären und renalen Risiken nichtselektiver COX-Hemmer und von Coxiben statistisch erheblich höher sind als das Risiko einer Metamizol-assoziierten Agranulozytose [15]. Daher wird Metamizol in allen Altersgruppen häufig zur Behandlung von mittelstarken bis starken akuten und chronischen Schmerzen eingesetzt [8], entweder als Erstlinientherapie (in wenigen Ländern) oder als Zweitlinientherapie, wenn andere Therapiemaßnahmen kontraindiziert sind.
Fig. 4. Legal status of metamizole worldwide. Beginning in the 1960s, metamizole was banned in several countries (depicted in dark red) following an increasing number of reports of adverse events, such as agranulocytosis. Nevertheless, metamizole is still available in many countries either by prescription (depicted in light green) or over the counter (depicted in dark green). No data are available for countries depicted in white. (Adapted from [2])
Increasing comorbidities lead to increasing polypharmacy, which can make the choice of suitable analgesics significantly more difficult because the risk of interactions that may cause adverse effects increases. While prescribing NSAIDs, special attention should be paid to possible polypharmacy. Metamizole is a broad CYP inducer via its major metabolite, 4‐methylaminoantipyrine, and an inhibitor of CYP1A2 [16]. However, interaction with the constitutive androstane receptor is needed for the CYP induction [16]. In recent years, there has been considerable debate over the safety of administration of metamizole. However, several studies have shown that compared to NSAIDs, metamizole is considered equally potent and safer, without contra-indications such as cardiovascular, renal or gastrointestinal comorbidities [17], and with an acceptable and favorable benefit-risk profile [18].
Tab. 1. Eigenschaften von COX-Hemmern
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Die analgetische Wirkung von Metamizol ist komplex und zumindest mit den meisten anderen, häufig nach den EMA-Richtlinien eingesetzten Nichtopioid-Analgetika vergleichbar. Das Risiko einer Agranulozytose ist statistisch sehr gering und kann durch eine Überwachung des Blutbilds während der Behandlung weiter reduziert werden. Im Gegensatz zu COX-Hemmern wirkt sich Metamizol weniger auf die Nierenfunktion aus. Ferner ist die Wahrscheinlichkeit für gastrointestinale oder kardiovaskuläre Nebenwirkungen geringer. Daher eignet es sich besonders für Patienten mit Nierenfunktionsstörungen oder einem erhöhten Blutungsrisiko. Folglich wird Metamizol aufgrund seiner hervorragenden analgetischen und antipyretischen Eigenschaften sowie seiner weitgehend günstigen gastrointestinalen Verträglichkeit weltweit zur Selbstmedikation oder als Arzneimittel auf Verordnung eingesetzt.
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Interessenkonflikte: Die Autoren geben keine Interessenkonflikte an.
Offenlegung: Medical Writing und Publikation wurden finanziert von Sanofi-Aventis Deutschland GmbH.
Affiliation/Korrespondenz: Dr. Waltraud Stromer, Abteilung für Anästhesie und Intensivmedizin, Landesklinikum Horn, Spitalgasse 10, 3580 Horn, Österreich (waltraudstromer@gmail.com) und Dr. Mariana Palladini, Centro Paulista De Dor, São Paulo, Brasilien